Betet und bleibt mutig!
Lukas 18,1-8: „Jesus wollte Seinen Jüngern zeigen, dass sie unablässig beten sollten, ohne sich entmutigen zu lassen. Deshalb erzählte Er ihnen folgendes Gleichnis: »In einer Stadt lebte ein Richter, der nicht nach Gott fragte und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe. Sie kam immer wieder zu dem Richter und bat ihn: ›Verhilf mir in der Auseinandersetzung mit meinem Gegner zu meinem Recht!‹ Lange Zeit wollte der Richter nicht darauf eingehen, doch dann sagte er sich: ›Ich fürchte Gott zwar nicht, und was die Menschen denken, ist mir gleichgültig; aber diese Witwe wird mir so lästig, dass ich ihr zu ihrem Recht verhelfen will. Sonst kommt sie am Ende noch und kratzt mir die Augen aus. Der Herr fuhr fort: »Habt ihr darauf geachtet, was dieser Richter sagt, dem es überhaupt nicht um Gerechtigkeit geht? Sollte da Gott nicht erst recht dafür sorgen, dass Seine Auserwählten, die Tag und Nacht zu Ihm rufen, zu ihrem Recht kommen, selbst wenn Er sie zunächst noch warten lässt? Ich sage euch: Er wird sie bald rächen. Wenn aber der Menschensohn kommt, wird Er dann auf der Erde Glauben finden?“
Mit dem letzten Vers unseres Textes (Lukas 18,8), bezieht sich der Herr noch einmal auf das zuvor von Seiner Wiederkunft Gesagte.
1. Bereit für die Ankunft Jesu
In diesem Abschnitt (17,20-37) fragten die Pharisäer Jesus, wann das Reich Gottes kommen würde. Sie meinten: Wann kommt der Messias? Wann besiegt Er unsere Feinde, richtet den Thron Davids wieder auf und bringt Frieden und Gerechtigkeit?
Jesu Antwort verblüffte die, welche Ihn nicht als den Messias anerkannten. Er sagte sinngemäß: Wenn ihr meint, das Reich Gottes nur an wunderbaren äußeren Zeichen erkennen zu können, welche die römische Tyrannei zu Fall bringt, dann werdet ihr es mit Sicherheit verpassen, denn das Reich Gottes ist bereits mitten unter euch (Vers 21). Jesus ist der König, und wo immer Er Menschen für Sich gewinnt, wird Seine Herrschaft, Sein Reich aufgerichtet.
In 17,22-24 warnt Er dann vor dem gegenteiligen Fehler. In den Versen 23 und 24 warnt Er davor, zu glauben, dass das Erscheinen des Menschensohns still und unbemerkt passieren werde. „Denn wie der Blitz aufblitzt und den Himmel von einer Seite zur anderen erhellt, so wird der Menschensohn an Seinem Tag sein.“ (Vers 24) Das zweite Kommen Christi wird wie ein Blitzstrahl für alle offensichtlich sein. „Vorher aber“, so heißt es in Vers 25, „muss Er viel leiden und von diesem Geschlecht verworfen werden“. Der Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Kommen Christi ist der Unterschied zwischen einer kleinen Kerze und einem Blitz.
In 17,26-30 beschreibt Jesus die Zeit bis zum Kommen des Menschensohns. Er vergleicht das Kommen des Menschensohns mit der Sintflut (Vers 27) und der Zerstörung Sodoms (Vers 29). Er betont, dass die Tage vor dem Kommen Christi wie die Tage vor diesen Ereignissen sein werden, nämlich voll von geschäftigem, ganz gewöhnlichem Leben. Vers 27: „Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten.“ In Vers 30 heißt es: „So wird es auch sein an dem Tag, an dem der Sohn des Menschen geoffenbart wird.“ Mit anderen Worten: Wir können davon ausgehen, dass der größte Teil der Welt wie gewohnt seinen Geschäften nachgehen wird, wenn der Menschensohn erscheint.
In den Versen 31-37 stellt Jesus dann Lots Frau als warnendes Beispiel vor Augen (Vers 32). Sie soll uns daran erinnern, in der Stunde der Krise nicht wie unsere Zeitgenossen zu leben. Lebt nicht voller Sehnsucht nach dem, was die Welt euch bietet, denn dann seid ihr untauglich für das Reich Gottes (9,61).
Denkt daran: Wenn der Menschensohn kommt, wird Er die Schafe von den Böcken trennen, auch wenn sie zusammen schlafen oder Seite an Seite in der Mühle arbeiten. Die einen wird Er retten, die anderen wird Er zurücklassen. Nicht zu Christus zu gehören, wenn Er kommt, bedeutet, dem Untergang überlassen zu sein. Jesus macht deutlich, dass das ewige Leben davon abhängt, ob wir bereit sind, wenn Er kommt.
2. Wachsende Kälte in der Endzeit
Jetzt können wir auch erkennen, dass Lukas 18,1-8 Teil dieser Endzeitrede ist. Jesus schließt in Vers 8 mit der Frage: „Wenn der Menschensohn kommt, wird Er dann auf der Erde Glauben/Treue finden?“ Er meinte wohl: Werden meine Warnungen, an Lots Frau zu denken, die Herzen auf Christus auszurichten und die Welt nicht zu lieben - beherzigt werden? Wird Jesus uns so antreffen?
Du und ich sollten uns also fragen: Wie können wir bis zum Ende durchhalten? Wie können wir sicherstellen, dass wir nicht wie Lots Frau werden, die zu sehr in diese Welt verliebt war, um gerettet zu werden? Wie können wir den Versuchungen Sodoms, durch seinen alltäglichen Druck, für Gottes Reich unempfindlich zu werden, widerstehen?
Jesus erwähnt bei der Aufzählung dessen, was Sodom kurz vor seiner Zerstörung charakterisierte, nichts, was an sich sündhaft war: „Sie aßen, tranken, kauften, verkauften, pflanzten und bauten.“ Das Gericht kam nicht nur über Sodom, weil es dort praktizierte Homosexualität gab, sondern vielmehr deshalb, weil all die guten, gewöhnlichen Aktivitäten des Lebens gottlos waren. Die guten Dinge des Lebens können und werden uns, ohne Dank an Gott, genauso unempfänglich für das Reich Gottes machen wie die groben Sünden. Jünger Jesu befinden sich also in einem gewaltigen Kampf, von dem die meisten Menschen nicht einmal wissen, dass er stattfindet: Der Kampf um die Aufrechterhaltung eines radikalen, von Herzen kommenden und sich selbst verleugnenden Glaubens an Christus. Nicht nur angesichts drohender Verfolgung (21,12-19) und sündiger Versuchungen, sondern auch angesichts der Bedrohung durch das gewöhnliche häusliche und geschäftliche Leben, das unsere ganze Sensibilität für Gottes ewiges Reich abstumpfen kann.
In Lukas 18,8 hätte Jesus auch fragen können, wie Er es in Matthäus 24,12 tat: „Wenn der Menschensohn kommt, wird Er dann glühende Jesus-Liebe auf Erden finden?" Die Gefahr, der wir ausgesetzt sind, besteht darin, dass unser Glaube an Christus und unsere Liebe zu Ihm und zueinander von Widerständen oder den Alltäglichkeiten des Lebens verschluckt werden. Die Frage ist also: Wie können wir durchhalten? Wie können wir im Glauben und der Liebe zu Jesus ausharren?
3. Betet und bleibt mutig!
Jesus erzählt ein Gleichnis, um darauf zu antworten. Und es ist eines der wenigen Gleichnisse, die Er für uns auch auslegt, damit wir das Wesentliche nicht übersehen.
Lukas 18,1 sagt uns, worum es in dem Gleichnis geht: „Und Er sagte ihnen ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und nicht verzagen sollten.“ Die Antwort Jesu auf die Frage, wie man bis zum Ende durchhält, lautet: Betet! Betet! Betet! Und werdet nicht müde zu beten.
Das Gleichnis lautet wie folgt (18,2-5): „In einer Stadt gab es einen Richter, der weder Gott noch die Menschen fürchtete; und in dieser Stadt gab es eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: 'Gib mir Recht gegen meinen Widersacher.' Eine Zeitlang weigerte er sich, aber dann sagte er zu sich selbst: "Obwohl ich weder Gott fürchte noch die Menschen achte, will ich dieser Witwe Recht geben, weil sie mich nervt, oder sie tut mir am Ende noch etwas an.“ Wir dürfen uns nicht irritieren lassen, dass Jesus Gott, den Vater, mit einem ungerechten Richter vergleicht.
Es ist dasselbe, wie wenn Jesu eigenes Kommen mit dem Kommen eines Diebes in der Nacht verglichen wird (1 Thessalonicher 5,2). Der Vergleich zielt nicht darauf ab, dass Jesus ein Dieb ist, sondern darauf, dass sein Kommen plötzlich und unerwartet ist.
Hier geht es also nicht darum, dass Gott ein ungerechter Richter ist, sondern dass Er denen hilft, die Tag und Nacht zu Ihm schreien. In Vers 7 macht Jesus klar, was Er beabsichtigt: „Betet immer und verliert nicht den Mut.“ Wenn du Tag und Nacht zu Gott schreist, wenn du fortwährend betest und nicht den Mut verlierst, dann wird es dir nicht so ergehen wie Lots Frau: Du wirst nicht dem Gericht verfallen; du wirst im Glauben und in der Liebe ausharren bis der Sohn des Menschen kommt. Darum betet allezeit und verliert nicht den Mut.
An dieser Stelle will ich ein verbreitetes Missverständnis über das Beten beseitigen. Hier geht es Jesus nicht darum, dass wir 24 Stunden am Tag „Gebete sprechen“, d.h. irgendwelche Texte Gott vortragen. Jesus und Paulus (1. Thessalonicher 5,17 „Betet ohne Unterlass!“) meinen in diesem Zusammenhang einen sich immer mehr ausweitenden Dialog mit Jesus in unseren Gedanken und Selbstgesprächen zu führen und zugleich auf Seine möglichen Antworten, Korrekturen, Erläuterungen zu warten. - So betest du nicht? Dann lerne es, andauernd mit Jesus im Austausch zu sein! Suche dir jemanden, der das mit Dir lernt!
„Betet immer und verliert nicht den Mut“. Dieses Wort gewinnt an Dringlichkeit, wenn wir sehen, dass das Ende des Zeitalters näher rückt. Wie Petrus sagt (1. Petrus 4,7): „Das Ende aller Dinge ist nahe; darum seid wach und nüchtern im Gebet.“ Der Druck der Umwelt wird größer werden, je näher das Ende kommt, deshalb müssen wir umso mehr wachen und nüchtern sein, um zu beten, und nicht den Mut verlieren.
4. Gott ist kein ungerechter Richter!
Wie ermutigt uns Jesus nun durch das Gleichnis, weiter ernsthaft zu beten? Eine Witwe kommt zu einem ungerechten Richter und bittet um Hilfe. Sie wird zu Unrecht unterdrückt und möchte, dass er seine Autorität einsetzt, um ihr zu helfen.
Die Witwe sind wir. Schwach, arm und ohne Ehemann, der für uns eintritt. Ihre einzig mögliche Hilfe ist der Richter. Unsere einzige Hilfe ist Gott. Sie kommt wieder und wieder, bis der Richter ihr hilft, nur um sie loszuwerden. Das ist aber nicht das Argument des Gleichnisses. Gott ist kein ungerechter Richter. Er will uns nicht los werden.
Gott ist anders als der Richter. Jesus sagt uns zwei Dinge über den ungerechten Richter in Vers 2: „Er fürchtete weder Gott noch die Menschen.“ Dies wird in Vers 4 wiederholt: „Wenn ich auch Gott nicht fürchte und den Menschen nicht achte, so werde ich sie doch . . . rechtfertigen.“
Mit anderen Worten: Diese beiden Merkmale des Richters hielten ihn davon ab, der Witwe zu helfen. - Erstens hatte er keine Gottesfurcht und war daher nicht geneigt, ihr zu helfen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Gottesfurcht den Richter dazu veranlasst hätte, der bedürftigen Witwe zu helfen. Und wenn die Gottesfurcht einen ungerechten Richter dazu veranlasst hätte, einer bedürftigen Witwe zu helfen, dann ist Gott, dessen Herz geneigt ist, denen zu helfen, die zu Ihm schreien, eben ganz anders. Wenn Jesus uns also sagt, dass das Hindernis, das den Richter fast davon abhielt, der Witwe zu helfen, die nicht vorhandene Gottesfurcht war, wird deutlich, dass Gott selbst völlig anders handelt und die Hilferufe der Seinen zu Seiner Zeit sicher erhört. Gott ist allen, die Ihn anrufen gegenüber gnädig. Wenn also ein Richter, der keine Gottesfurcht hat, sich von hartnäckigen Bitten beeinflussen lässt, wie viel sicherer können wir dann sein, dass der Vater im Himmel denen hilft, die Tag und Nacht zu Ihm schreien.
Das zweite Kennzeichen des Richters war, dass er „keine Achtung vor den Menschen“ hatte. Die Witwe war ihm unbekannt, und er hatte kein Interesse an ihr. Es ist anzunehmen, dass er der Witwe geholfen hätte, wenn er sie gekannt hätte, wenn sie z.B. seine Mutter gewesen wäre.
Wir fragen uns also: Hat Gott ein Interesse an uns? Oder ist Er uns gegenüber gleichgültig? In Vers 7 gibt uns Jesus die Antwort: „Und wird Gott Seine Auserwählten nicht rechtfertigen?“ Jünger Jesu gehören nicht zur Kategorie der Fremden bei Gott. Sie sind Seine Auserwählten. Er hat sie auserwählt. Er hat ihnen Seine Gunst erwiesen. Er hat sie als Seine Kinder adoptiert. Paulus sagt dies in Römer 8,31-33: „Wenn Gott für uns ist, wer ist dann gegen uns? . . Wer will die Auserwählten Gottes anklagen? Gott ist es, der rechtfertigt.“ Es gibt keinen bedeutenderen Stand für Menschen, als von Gott auserwählt zu sein. Es bedeutet, dass Er mit all Seiner Macht für uns da ist. Wenn also, so argumentiert Jesus, ein ungerechter Richter durch hartnäckiges Bitten dazu bewegt werden kann, einem Fremden zu helfen, für den er nichts übrig hat, wie viel mehr „wird Gott Seinen eigenen Auserwählten helfen, die Tag und Nacht zu ihm schreien!?“
5. Ausdauerndes Gebet und Glaube
Dieses Gleichnis soll also eine Ermutigung für uns sein, unablässig zu beten, bis Jesus wiederkommt. Wenn Jesus am Ende von Vers 8 fragt: „Wenn der Menschensohn kommt, wird Er dann den Glauben auf der Erde finden?“, dann meint Er: „Wird der Menschensohn Seine Jünger unablässig betend vorfinden oder werden sie den Mut verloren und aufgegeben haben zu beten?"
Die Schlussfolgerung lautet: Gebet und Glaube stehen und fallen miteinander. Gebet ist der klarste und beste Beweis echten Glaubens. Wenn wir den Mut verlieren und aufhören zu beten, dann ist unser Glaube erloschen, wenn Er kommt. Der Glaube ist der Brennofen unseres Lebens. Sein Brennstoff ist die Gnade Gottes. Und die von Gott eingesetzte Schaufel zum Füttern des Brenners ist das Gebet. Wenn du den Mut verlierst und die Schaufel weglegst, wird das Feuer erlöschen, du wirst kalt und hart werden. Wenn dann der Blitz aller Blitze zuckt und der Menschensohn in Herrlichkeit erscheint, wird Er dich aus Seinem Mund ausspeien (Offenbarung 3,16).
Die Prüfung besteht dann also nicht darin, ob du einmal Jesus nachgefolgt bist oder ein Übergabegebet gesprochen hast oder getauft worden bist. Der Test wird sein, ob du betend mit Jesus verbunden geblieben bist und nicht den Mut verloren hast. Gebetslosigkeit ist Ungehorsam. Die Auserwählten Gottes werden ganz sicher gerettet werden; und wie Vers 7 sagt, ist das Zeichen der Auserwählten, dass sie Tag und Nacht zu Gott schreien. Diejenigen, die bis zum Ende ausharren, d.h. betend durchhalten, werden gerettet werden (Matthäus 24,13).
Manfred Herold
herold-manfred@t-online.de