Rahab, die Hure aus Jericho

In Hebräer 11, dem großen Glaubenskapitel, werden nur 2 Frauen namentlich erwähnt: Sara, die Frau Abrahams und Rahab, die Hure aus Jericho. Trotz aller Unterschiede, die uns bei diesen beiden Frauen einfallen, haben sie doch eins und zwar das wichtigste im Leben gemeinsam: den Glauben an den lebendigen Gott Israels.

Josua schickte zwei Männer los, um das Land auszukundschaften. Besonders war er an der Situation in der Stadt Jericho interessiert. Josua war davon überzeugt, dass der Herr Sein Wort halten und das Land Seinem Volk geben würde. Deshalb war die Aussendung der Kundschafter dieses Mal kein Akt des Unglaubens, sondern ein Akt besonnener Vorsicht. (Wenn zwei dasselbe tun, ist es noch lange nicht das Gleiche!)

Die Bibel beschreibt uns in Josua 2 Rahabs Glauben in seinem Werden und Wirken ganz ausführlich. Deshalb wollen wir genau hinhören und für unseren Alltag davon lernen.

1. Rahabs mutiger Glaube

Josua 2,1-3 - Jericho war einer der vielen kleinen Stadtstaaten Kanaans, die alle von einem König beherrscht wurden. Seine Lage war für Josuas Plan der Eroberung Kanaans von großer strategischer Bedeutung.

Welche Gründe werden die Kundschafter wohl bewogen haben, das Haus der Prostituierten aufzusuchen? - Man konnte dort den neuesten Klatsch Jerichos hören. Fremde fielen dort nicht so auf, wie an anderen Plätzen der Stadt. Ständiges Kommen und Gehen war normal. - Dennoch können wir Gottes Führung darin sehen. Er hatte die Kundschafter mit der einzigen Person in Jericho zusammen gebracht, die dem Gott Israels vertraute.

Wie ist wohl der Glaube der Rahab entstanden? - Sie hatte von Israel und dem Handeln Gottes für Sein Volk gehört (Verse 10-11). Sie hatte ihre Informationen dem Gerede auf dem Markt entnommen, dem Geplauder am Brunnen und den Gesprächen im Tor. Sie hatte aufgeschnappt, dass das Volk Israel der Knechtschaft Ägyptens entkommen war. Dass Sein Gott Jahwe den Pharao mit seinem ganzen Heer im roten Meere hatte ersaufen lassen; dass sowohl Sihon, der Amoriterkönig, als auch Og, der König von Basan, von diesen Leuten besiegt wurden und sie das ganze Land erobern würden, weil Gott es ihnen versprochen hatte.

Wer waren die beiden Kundschafter für Rahab? - Sie repräsentierten für sie das Volk des Gottes, der Ägypten besiegt, Sein Volk in der Wüste versorgt und die Könige jenseits des Jordans in ihre Hand gegeben hatte. Sie wusste das, wie alle Bewohner Jerichos, aber sie zog andere Schlussfolgerungen daraus. Sie lernte es, diesem Gott zu vertrauen, die Mehrzahl der Bewohner Jerichos lernte das nicht. Gott hatte ihre Augen und ihr Herz für Ihn geöffnet. Deshalb setzte sie sich mutig für die Kundschafter ein.

Woran können wir noch den mutigen Glauben der Rahab erkennen? - Ihren Mut erkennen wir auch in der Tatsache, dass sie all ihren Verwandten von dem bevorstehenden Gericht über die Stadt und von der Rettungsmöglichkeit berichtete, die sich ihnen gerade auftat. Waren alle sofort davon überzeugt? Würde einer/eine zum König gehen und sie verraten?

2. Rahabs unvollkommener Glaube

Josua 2,4-7 – Wir mögen denken, Menschen wie sie könne Gott doch nie und nimmer gebrauchen, um Seine Gedanken zu verwirklichen. Aber Er ist ein gnädiger Gott und schon vor Zeiten „ein Freund der Zöllner und Sünder“ (Lukas 7,34). Sie war zweifelsohne eine Sünderin und es führt zu nichts, wenn man die Sache verharmlosen will. Hier gebührt der Gnade Gottes alle Ehre. Warum sollten wir Gott Seiner Ehre berauben, dass Er eine solche Frau aus ihrer Sünde heraus gerettet hat?

Wenn Rahab an den Gott Israels glaubte, wie erklären wir dann ihre Lügen? - An dieser Stelle handelte sie wie irgendein anderer Einwohner Jerichos, der für seine Gäste log. Ich denke, wir erwarten zu viel von einer „Neubekehrten“, deren Kenntnisse von Gott zwar zu ihrer Rettung reichten, aber noch sehr begrenzt waren, wenn es um die praktischen Dinge des Lebens ging. Vielleicht sah sich Rahab schon nicht mehr dem König von Jericho zur Wahrheit verpflichtet, da sie nun dem Gott Israels dienen wollte. Den „Feind“ durch ihre Aussage zu täuschen erschien ihr dann deshalb wohl auch in einem anderen Licht.

Wenn reife Gläubige, wie Abraham und Isaak lügen (1. Mose 12,10-20; 26,6-11), dann besteht kein Grund allzu hart mit Rahab ins Gericht zu gehen. Ich entschuldige oder rechtfertige die Lügen nicht. Die Tatsache, dass sie in der Bibel berichtet werden macht klar, dass Gott sie nicht billigte, dennoch sah Jakobus ihr Handeln als Beweis ihres Glaubens an (Jakobus 2,25).

Rahabs Bekehrung war ein Akt der Gnade Gottes. Wie alle Bewohner Kanaans war ihr der Tod bestimmt. Sie verdiente es nicht, gerettet zu werden, aber Gott war ihr gnädig.

3. Rahabs zuversichtlicher Glaube

Josua 2,8-11 – Wahrer Glaube umfasst stets Verstand, Wille und Gefühl. Bei Rahab war das genau so. Sie versicherte den Kundschaftern: „Ich weiß, dass der HERR euch das Land gegeben hat..“ (Vers 9a - Verstand) Wir erfahren nicht auf welchem Wege sie zu dieser Gewissheit kam. Nur dass es so war und wir können nur schlussfolgern, dass ihr Gott selbst diese Einsicht geschenkt hatte. Das war vorlaufende Gnade in ihrem Leben.

Weil sie diese Überzeugung besaß, nahm sie die Kundschafter bei sich auf (Vers 4 – Wille). Sie wusste noch nicht viel von Gott, aber sie handelte konsequent aufgrund des wenigen, was sie wusste und der Herr errettete sie. Es ist ein harter Kampf, wenn man in einer Familie als Einziger gläubig ist. War ihre Familie damit einverstanden, dass sie die Kundschafter aufnahm? Dass sie mit den Feinden paktierte?

Sie bekennt: „Denn es hat uns Furcht vor euch überfallen, und alle Einwohner des Landes sind vor euch verzagt.“ (Vers 9b – Gefühl) Das setzte voraus, dass Rahab gut über die politische Lage informiert war. Sie nahm wachen Anteil am Ergehen ihrer Umwelt. Sie war mutig genug, eigenständig zu denken und zu handeln.

Rahab bewies mehr Glauben an den Herrn, als die zehn Kundschafter vierzig Jahre zuvor (4. Mose 13,27-28). Sie bekannte: „Ich habe erkannt, dass der Herr euch das Land gegeben hat“ (2,9). Ihr Glaube gründete sich auf Tatsachen, nicht nur auf Empfindungen. Sie glaubte an EINEN Gott, nicht an viele Götter. Sie glaubte, dass es ein PERSÖNLICHER Gott war („euer Gott“). Sie glaubte, dass es der GOTT ISRAELS war, der ihnen das Land geben würde. Und sie glaubte, dass sie es mit dem GOTT DES HIMMELS UND DER ERDE zu tun hatte.

4. Rahabs fürsorglicher Glaube

Josua 2,12-14 – Welcher besondere Aspekt ihres Glaubens wird in den Versen 12-14 deutlich? - Rahab war nicht nur um ihr eigenes Wohl besorgt. Sie selbst hatte Gnade und Barmherzigkeit von dem Gott Israels empfangen und deshalb wusste sie sich auch für ihre Familie verantwortlich. Gerade in unserer Zeit, wo scheinbar jeder nur an sich denkt, ist es wichtig, dies hervorzuheben.

Sie sorgte sich angesichts der kommenden Ereignisse um die Sicherheit ihrer Familie. Deshalb legte sie Fürbitte ein und wurde erhört. Die Kundschafter sicherten ihr die Erfüllung ihrer Bitte doppelt zu: Einmal gaben sie ihr Wort! Das sollte ihr Sicherheit bieten. (Kann man sich auf dein Wort verlassen?) Sodann bürgten sie mit ihrem Leben, dass ihr Wort Bestand haben sollte. (Was lassen wir uns sein gegebenes Wort kosten?)

Rahab ist in dieser Hinsicht ein treffendes Vorbild für uns. Christus hat uns Sein Wort gegeben, dass Er ein ausreichendes Lösegeld ist, das unsere Freiheit garantiert (Markus 10,45) und zugleich ist Er unser Bürge geworden (Hebräer 7,22). Er starb für uns und solange Er lebt, ist unsere Rettung sicher.

Rahab durfte von dieser rettenden Übereinkunft niemandem in der Stadt außer ihrer Familie etwas mitteilen. Hier haben wir einen höchst erstaunlichen Gegensatz zu unserer Situation heute. Jesus hat uns sogar beauftragt, jedem mitzuteilen, dass der volle Preis der Erlösung bezahlt wurde und dass jeder gerettet werden kann, der dies glaubt.

5. Rahabs geduldiger Glaube

Josua 2,15-24 – Rahab glaubte nicht nur in der Anwesenheit der Kundschafter an den Gott Israels, sondern auch in ihrer Abwesenheit. Sie bat die Kundschafter auch nicht: „Nehmt uns doch jetzt gleich mit! Dann wären wir doch sofort in Sicherheit.“

Welcher wesentliche Aspekt ihres Glaubens sollte uns in den Versen 15-24 auffallen? - Sie war bereit, Gottes Zeitpunkt der Rettung abzuwarten. Vielen Christen fällt es ungeheuer schwer zu warten und sie geraten in große Glaubenszweifel, weil Gott nicht alles immer sofort macht.

Was war das rote Seil für Rahab und für Israel? - Das rote Seil in ihrem Fenster war das sichtbare Zeichen ihres Glaubens. Es würde dem Heer Israels bei der Einnahme der Stadt das geschützte Haus kennzeichnen.

Welcher Glaube rettete Rahab? - Der Glaube an das Seil oder der Glaube an den Gott Israels? - Das Seil war der Beweis ihres Glaubens, aber nicht der Gegenstand ihres Glaubens. Der Glaube an den lebendigen Gott bedeutet Rettung, aber Glaube an die Zeichen des Bundes (z.B. Taufe, Mahl des Herrn) ist Aberglaube und kann weder retten, noch Gewissheit geben.

Rahab glaubte an den Herrn und an das Versprechen Seiner Diener und sie bewies ihren Glauben dadurch, dass sie das rote Seil ins Fenster hängte. Als die Juden dann Jericho eroberten, befand sich Rahab und ihre Familie in ihrem Haus. So waren sie vor dem Gericht Gottes in Sicherheit (Josua 6,21-25). Sie mussten aber noch eine ganze Zeit lang warten, bis Gottes Stunde gekommen war.

Geduldig zu warten heißt, sich Gottes Macht zu unterstellen, und Ihn so zu ehren. Nur wenn du Seinen Willen tust, wirst du finden, was du suchst und wofür du gemacht wurdest: Wert, Bedeutung, Sinn, Friede, Erfüllung und herrliche Freude an diesem Gott, der treu Sein gegebenes Wort erfüllt.

Manfred Herold

Manfred Herold