„Was geben wir weiter?“
Im Dienst der Gemeinde Jesu Christi werden wir alle regelmäßig mit den unterschiedlichsten Erwartungen, Wünschen und Hoffnungen konfrontiert. Manchmal erwarten unsere Geschwister, Nachbarn oder Freunde wahre Wunderdinge von uns und immer häufiger frage ich mich: „Ist das, was sie wünschen wirklich das, was ihnen entscheidend weiterhilft?“
Wissen wir Menschen wirklich so genau, was wir nötig haben oder sind wir nur Gefangene unserer Wünsche, Begierden, Lüste und scheinbaren Bedürfnisse? - Dann treten mir Petrus und Johannes als Vorbilder vor Augen. Apostelgeschichte 3,1-10
1. Der Gottesdienstbesuch
Apostelgeschichte 3,1: „Eines Tages geschah Folgendes: Gegen drei Uhr, zur Zeit des Nachmittagsgebets (da man zu beten pflegte), gingen Petrus und Johannes zum Tempel hinauf.“
Was können wir diesem Vers alles entnehmen? - Petrus und Johannes gingen gemeinsam in den Tempel. Gemeinsam geht vieles leichter als allein. Sie hatten gute Gewohnheiten, feste Gebetszeiten. Sie begaben sich an den Ort wo gemeinsam gebetet wurde. Sie ließen sich das etwas kosten, weil es ihnen wichtig war. Sie nahmen sich Zeit zu beten.
Apostelgeschichte 3,2: „Da wurde (gerade) ein Mann herbeigetragen, der von seiner Geburt an lahm war und den man täglich an das sogenannte Schöne Tor des Tempels hinsetzte, damit er sich dort Almosen von den Besuchern des Tempels erbitte.“
Was bringt dieser Vers zum Ausdruck? - Es bestand ein zeitlicher Zusammenhang. Der Lahme wurde nicht zum Beten gebracht, sondern zum betteln. Der Lahme hatte klare Vorstellungen von dem, was er dringend benötigte. Er hatte eindeutige Erwartungen und brachte sie zum Ausdruck.
Lange fühlte ich mich solchen Bitten geradezu verpflichtet. Aber mir wurde klar, dass dies nicht meine Hauptaufgabe ist. Ich bin und bleibe vor allem dem Willen Gottes verpflichtet. Jesus hat sich nie von den Wünschen, Bedürfnissen und Nöten seiner Umgebung in seinem Handeln bestimmen lassen. (Lukas 4,42-43) Er tat was er tat nur auf höheren Befehl. - Das wünsche ich uns allen!
2. Die dringende Bitte
Apostelgeschichte 3,3: „Als dieser nun Petrus und Johannes sah, die in den Tempel hineingehen wollten, bat er sie um ein Almosen.“
Was beschreibt dieser Vers? - Petrus und Johannes wurden wahrgenommen. Sie wurden als Jesu Nachfolger erkannt. Der Lahme hielt sie für seine Not zuständig. Er erwartete Hilfe von ihnen.
Die Menschen, denen wir begegnen, erscheinen uns oft genau so hilflos, wie jener Gelähmte damals, wirklich zum Erbarmen. Dabei meinen sie in der Regel ganz genau zu wissen, was ihnen fehlt, was sie dringend brauchen, was ihre Not beheben könnte.
Sie betteln jeden an, der auf seinem Lebensweg vorbeikommt: den um ein bisschen Anerkennung, Geld, Lob, Beachtung! Sie rechnen damit, dass die anbetende Gemeinde Abhilfe schafft. Und vieles können und sollen wir für sie tun.
Aber trauen wir es dem Heiligen Geist zu und erwarten wir es, dass er uns den nötigen Durchblick schenkt, so dass wir durch die äußere Hülle der Notsituationen und scheinbaren Bedürfnisse die eigentlichen Defizite und Wurzelprobleme unserer Geschwister und Freunde sehen?
Der Lahme meinte, „Geld“ wäre das, was er an dringendsten nötig hätte. Aber Geld hatte Petrus gerade nicht. Vielleicht brachte ihn auch gerade die Tatsache, dass er nicht hatte, worum er gebeten wurde dazu, auf Gott zu hören. (Chancen der Schwäche und des Mangels) Lassen wir uns nicht von den u.U. ganz verkehrten Wünschen und Bedürfnissen unserer Geschwister ins Bockshorn jagen.
Petrus lebte in solch einer engen Beziehung zu seinem Herrn, dass er bemerkte: „Der braucht ja etwas ganz anderes!“ Wir brauchen diesen Durchblick, damit das Werk wirklich vorangeht und wir nicht jahrelang immer nur an den Symptomen herum laborieren, den eigentlichen Schaden aber unangetastet lassen. - Das wünsche ich uns allen!
3. Das Eingeständnis des Mangels
Apostelgeschichte 3,4–6a: „Die beiden blickten ihn aufmerksam an, und Petrus sagte: »Sieh uns an!« 5 Der Mann sah erwartungsvoll zu ihnen auf; er hoffte, etwas von ihnen zu bekommen. 6 Da sagte Petrus zu ihm: »Silber habe ich nicht, und Gold habe ich nicht..“
Was wird uns hier mitgeteilt? - Die Beiden richten ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Lahmen. Sie machen das nicht im Vorbeigehen. Sie wussten, dass sie ihm seine Bitte nicht erfüllen konnten. Sie entschuldigen sich nicht dafür. Sie erkannten aber durch das Wirken des Heiligen Geistes, dass sie Besseres zu geben hatten. Dennoch gestehen sie zuerst einmal ihren Mangel ein.
Der Lahme wandte sich jedoch nicht sofort von ihnen ab, als er hörte, er würde seinen Wunsch nicht erfüllt bekommen. Er blieb weiter auf Empfang eingestellt. Bereit zu hören und zu empfangen. Das kann nur der Heilige Geist bewirken. Viele schalten sofort ab, wenn sie merken, dass ihre Wünsche nicht erfüllt werden und fragen nach anderen Wegen der Wunscherfüllung.
Je fester unsere Geschwister auf uns blicken, je mehr sie von uns erwarten, um so wichtiger ist es, dass wir mit Petrus bekennen: „Silber und Gold habe ich nicht...“ d.h. das, was du erwartest, kann ich dir nicht geben! Das liegt nicht in meiner Macht.
Das ist vorentscheidend: Dass ich wie Petrus bereit bin, meinen Mangel, meine Hilflosigkeit offen zuzugeben! Alles, womit ich meine glänzen und andere reich machen zu können, bekenne ich seinem wahren Charakter gemäß als nicht von mir kommend. Was wirklich hilft, steht mir nicht zur Verfügung. Es ist wichtig, dass ich meine Begrenzungen, die ja nur die Kehrseiten meiner Begabungen sind, erkenne und anerkenne.
So gebe ich Gott allein die Ehre und nehme demütig, den mir zustehenden Platz ein. Das ist wichtig für mich und macht anderen Mut, dasselbe zu tun.
Wohl wissen wir uns von Jesus aufgefordert: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Aber dann sind wir auch realistisch genug einzugestehen: „Wir haben nichts...“ (Lukas 9,13) Nur leere Hände kann und wird Jesus füllen. - Das wünsche ich uns allen!
4. Das Bekenntnis des Reichtums
Apostelgeschichte 3,6b: „..doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen von Jesus Christus aus Nazaret – steh auf und geh umher! 7 Mit diesen Worten fasste er ihn bei der rechten Hand und half ihm, sich aufzurichten. Im selben Augenblick kam Kraft in die Füße des Gelähmten, und seine Gelenke wurden fest. 8 Er sprang auf, und tatsächlich: Seine Beine trugen ihn; er konnte gehen!“
Was bringen diese Worte zum Ausdruck? - Die Apostel bleiben nicht bei dem stehen, was sie nicht haben. Sie fügen sofort hinzu, was sie geben können. Zu oft bleiben wir bei unserem Mangel stehen und verschweigen den großen Reichtum, den wir empfangen haben. Sie bringen sofort Jesus ins Spiel und was er tun kann. Sie sagten auch nicht: Entschuldige, wir gehen und halten schnell eine Sammlung für dich. Sie lassen sich nicht auf die Wünsche des Lahmen fixieren. Sie gestatten es dem Heiligen Geistes, dass er ihnen die wahre Not des Lahmen zeigt. Sie gehen konkret darauf ein. Sie haben bei Jesus gelernt (Markus 2,5).
Die Apostel beließen es nicht bei Worten, sondern die helfende Tat ging Hand in Hand mit ihren Worten. - Wahre Helfer sagen nicht nur: „Lies mehr in der Bibel!“ - Sie helfen anderen in der Bibel zu lesen! Sie sagen nicht nur: „Gib Zeugnis für Jesus!“ - Sie helfen anderen Zeugnis zu geben! „Bete mehr!“ – helfen! (2. Timotheus 2,2) Im gehorsamen Eingehen auf das Wort finden Menschen Rettung und Hilfe.
Achten wir darauf, dass wir im Hören auf sein Wort und im Gebet etwas von Gott empfangen, damit wir unseren Geschwistern etwas Wesentliches weiterzugeben haben. Nur das, was wir von IHM empfangen haben, ist es wert, weitergegeben zu werden. Sonst sind es doch nur Steine, die wir statt Brot anbieten. Nur das, was wir von Gott empfangen haben, kann anderen wirklich weiterhelfen, weil es eben von IHM und nicht von uns kommt. (Johannes 8,26-28)
Und wenn wir etwas vom Herrn empfangen haben, dann wirkt er auch die Freiheit, schenkt er auch die Vollmacht, andere darauf hin anzusprechen und ihnen Gottes Hilfe zuzusprechen. - Das wünsche ich uns allen!
5. Das Lob Gottes
Apostelgeschichte 3,8b – 10: „Der Mann folgte Petrus und Johannes in den inneren Tempelvorhof, und immerfort lief er hin und her, hüpfte vor Freude und pries Gott. 9 Die ganze Menschenmenge, ´die sich dort aufhielt,` wurde auf ihn aufmerksam. Als die Leute begriffen, dass der, der da hin- und hersprang und Gott lobte, 10 niemand anders war als der Bettler, der sonst immer an der Schönen Pforte des Tempels gesessen hatte, waren sie außer sich vor Staunen über das, was mit ihm geschehen war.“
Was sagt uns dieser Text? - Echter Lobpreis kommt zustande, wo Gott großes tun kann. Echter Lobpreis ist ein persönliches Zeugnis. Echter Lobpreis ist ein Staunen über die unverdiente Gnade Gottes. Echter Lobpreis ist missionarisch. Echter Lobpreis ist eindeutig allein auf Gott ausgerichtet.
Wir bemühen uns heute viel um echtes Gotteslob. Wir kennen oder ahnen seinen Wert und seine Bedeutung. Und doch wirkt vieles gekünstelt, gemacht und steril. Wenn wir Gottes radikale Hilfe zulassen, dann wird auch echtes, aus dem Staunen über die Güte Gottes erwachsenes Gotteslob laut werden. Und wir stellen fest, dass das Gotteslob derer, denen wirklich geholfen wurde, große missionarische Wirkung hat, weil es ungeschmälert Gott alle Ehre gibt.
Manfred Herold